Frieden – мир – peace

Die Sonne scheint immer wärmer, der Himmel strahlt in freudigem Blau, die Knospen treiben und erste Blüten vertreiben das Grau des Winters. Es ist Frühling. Und doch will gerade keine Hochstimmung aufkommen. Wie könnte sie auch, wenn anderswo wieder Panzer rollen, Bomben zerstören und Maschinengewehre Leben beenden.
Mir fällt es dieser Tage schwer Worte für das zu finden, was ich denke und fühle, wenn ich sehe, wie Krieg in greifbare und doch unbegreifliche Nähe rückt. Gut daher, dass es immer wieder Menschen gegeben hat und gibt, die ihr Beobachten und Reflektieren, ihr Empfinden und ihr Hoffen in Sprache, und noch dazu außergewöhnliche Sprache, überführen können.
So habe ich mir Christa Wolfs Bücher Ein Tag im Jahr und Ein Tag im Jahr im neuen Jahrhundert zur Hand genommen, in denen die Schriftstellerin beginnend mit dem 27. September 1960 und bis an ihr Lebensende jenen Tag des Jahres dokumentiert und damit nicht nur ihren Alltag, sondern wohl auch (einen Blick auf) die Geschichte unserer Welt bezeugt. Und ich habe, nachdem ein Bekannter uns den Text neulich vorgelegt hat, wieder und wieder die Ballade vom Kaiser Nero von Erich Weinert laut vorgelesen. Weil sie knapp 90 Jahre nach ihrer Entstehung kaum treffender sein könnte, erlaube ich mir sie hier nachfolgend „abzudrucken“.

Bänkelballade vom Kaiser Nero

Der Kaiser Nero saß an voller Tafel,
Doch ohne Appetit und sorgenvoll.
Er klingelte nach seiner Leibschutzstaffel
Und sprach: «Ich weiß nicht, was das werden soll!
Gefährlich agitieren diese Christen.
Doch jetzt ist Schluß mit diesen Kommunisten!
In dieser Nacht wird Rom in Brand gesteckt!
Nun was versprecht Ihr Euch von dem Effekt?”

Da brüllten die Soldaten:
«Die wollen wir lustig braten!
Wo ist der Kien? Wo ist Benzin?
Wir kriechen gleich durch den Kamin.
О triumphator saeculorum!
Um 9 Uhr 15 brennt das Forum!
Und morgen ist es jedem klar.
Da das die Untermenschheit war! »

Um 9 Uhr 15, als das Forum brannte,
War Kaiser Nero schon am Ort der Tat.
Als ein Subjekt ihm in die Arme rannte.
«Was treibst Du hier?» — «Ich treibe Hochverrat!»
«Ach, Du bist einer aus den Katakomben!
Du fabrizierst hier illegale Bomben!»
Und er rief an beim «RÖMISCHEN KURIER».
«Der Täter ist ein Christ! Den haben wir.»

Da liefen die Soldaten,
Mit Fackeln und Plakaten.
«Ihr Römer, hört in Stadt, und Land!
Die Christen steckten Rom in Brand!
Hebt. Eure Hand zum Schwur der Rache!
Jetzt heißt die Losung: Rom erwache!
Schon heute ist es jedem klar,
Daß das ein Werk der Christen war.»

Und Nero redigierte ein Gesetzblatt:
Das Christentum kommt hinter Stacheldraht!
Zwei schlimme Jahre gibt’s für jedes Hetzblatt!
Wie funktionierte da der Apparat!
Damit sie keine Spuren hinterließen.
Ließ er sie meistens auf der Flucht erschießen,
Auch warf er sie den wilden Bestien vor.
Doch einmal drang ein Spottlied an sein Ohr.

Da sagten die Soldaten:
«Das Ding war schlecht beraten!
O Nero, das geht nicht gut aus!
Denn schließlich kommt es doch mal raus!
Trotz Schutzhaft und Zensurbehörden,
Kann ‘s doch nicht mehr verheimlicht werden!
Man flüstert schon in jeder Bar:
Ob das nicht Nero selber war?»

Die Spatzen pfiffen es von allen Sträuchern.
Viel tausend Christen wurden arretiert,
Doch diese Bande war nicht auszuräuchern.
Ach, Nero hatte sich verspekuliert.
Denn selbst der Burger roch doch faule Sache,
Verstummt war die Parole: Rom erwache!
Das war erwacht, doch nicht wie er gedacht.
Und nächste Nacht ward Nero umgebracht!

Da sangen die Soldaten:
«Da haben wir nun den Braten!
Die ganze Welt hat’s festgestellt.
Wie sich die Sache hier verhalt!
Die Christen gingen nicht zunichte.
Doch nun steht in der Weltgeschichte,
Das Nero weiter gar nichts war,
Als ein Sadist und ein Barbar!»

Erich Weinert, Zürich 1933

THE ART OF BOOKS im Südstadtradio

Am 23. Februar hatten der Buchladen und ich Besuch von Dieter Goertz und Joe Bennick, die mich für das Südstadtradio Bonn vor ein Mikrofon gesetzt und mir einige Fragen zu Leben, Laden und Bonner Südstadt gestellt haben. Es war ein etwas aufregender, aber vor allem sehr sehr netter und lustiger Abend, für den ich mich bei den beiden Herren ganz herzlich bedanken möchte. Falls jemand Lust haben sollte und die Sendung anhören mag, dann ist das hier jederzeit möglich. Und falls ihr auch in der Zukunft mit Dieter und Joe die Bonner Südstadt erleben mögt, dann schaut doch einfach auf der Seite des Webradios vorbei: https://cd-cafe.de/

Habt besten Dank und bis bald, Doris!